Antje*Runa 1974

Persönliches

Jahr für Jahr sprach mein Vater in der Schule vor und schaffte es immer, die großen Ferien für mich noch weiter auszudehnen. Die langen Nordland-Sommer waren die glücklichste Zeit in meiner Kindheit und Jugend. Allein schon die Anreise war jedes Mal ein tagelanges, abenteuerliches Erlebnis.  Ich erinnere mich an Nordwege  mit der Bahn, mit dem Auto, mit dem Schiff und einmal auch mit dem Flugzeug… Ich liebte es wie die Landschaft und Vegetation sich unterwegs veränderte, der Boden sandiger, die Luft reiner wurde. Und wenn ich spätestens ab Hamburg das Meer riechen konnte.

Unser Zielort war ein kleines Fischerdorf auf einer nur mit der Fähre erreichbaren Insel–vom Tourismus damals noch weitgehend unberührt. Ich erinnere mich an einsilbige, liebenswürdige Fischer, deren herzliche Frauen und ihre Gastfreundschaft, wilde freie Kinder…

Hauptsächlich waren wir zu Wasser unterwegs -entlang den Schärenküsten Südnorwegens und Schwedens, manchmal auch an der Nordküste Dänemarks. In vielen Häfen, die wir anfuhren hatte ich Freundinnen und meine Eltern Bekannte, die schon von weitem winkten. Überall erlebte ich nur freundliche Menschen, deren Sprache Musik in meinen Ohren war und die ich immer besser verstand. Das Glucksen der Wellen unterm Schiff, das Schlagen der Taue am Masten, das leise Schaukeln des Bootes wiegte mich in den Schlaf und ich fühlte mich wunderbar geborgen–Ich liebte das salzige, weite Meer, ob glitzerndes Sonnenlicht in den Wellen oder graue dunkle See.  Sturm und Regen konnte mich nicht schrecken, ich war ein Wassermädchen.

Während wir zwischen den Inseln kreuzten konnte ich vom Boot aus direkt ins Meer blicken, mich hineinträumend in die Weiten dieser Welt. Und auch an Land,- das Klettern in den Felsen, vielen kleinen Sandbuchten.  Tiefe Zauberwälder, die Lichtnelken, die Moose….einsame Winkel und das Gefühl, dennoch niemals allein zu sein. …es war magisch.

Und heute glaube ich, jedes Mal, wenn wir zurückfuhren, ließ ich einen Teil meiner Seele dort. Diesen Teil konnte ich in meinen Träumen besuchen.

Später habe ich eine längere Zeit auf verschiedenen Bio-Höfen in Trondheim und in der Nähe von Oslo gearbeitet. Fast wäre ich für immer dort geblieben. Geschichten könnte ich viele erzählen, und ich erzähle sie gern wenn ihr mit uns auf die Reise kommt, allen die sie hören mögen.

Norwegen hat tiefe Spuren auf meiner inneren Landkarte hinterlassen. Jedes Mal, wenn ich dort bin, komme ich bei mir selber an. An tosenden Wasserfällen, in schweigenden Wäldern, gelehnt an bunten Stein, …ins Wasser hinabschauend blicke ich auf meinen Seelengrund.

Und so ist mir auch heute noch jeder Nordweg eine Heimreise.

Norwegen hat tiefe Spuren auf meiner inneren Landkarte hinterlassen. Jedes Mal, wenn ich dort bin, komme ich bei mir selber an.
Antje Leydel

Antje im Glück damals